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Eisklettern – Die Vorgeschichte
Schon vor rund einem Jahr, als ich im Alpinsportladen Mainz war, kam ich auf die Idee Eisklettern lernen zu wollen. Damals erfuhr ich, dass im Februar 2012 ein entsprechender Kurs stattfinden sollte. Also rief ich Flo an und erzählte ihm von meinem Plan, aber seine Antwort damals war in etwa: „Keine Chance, Eisklettern hab ich bei meinem Hochtourenkurs schon gemacht und es taugt mir nur bedingt. Außerdem ist das so ziemlich die größte Materialschlacht, die du dir in den Bergen liefern kannst. Darauf kann ich verzichten.“ Damit war das Thema Eisklettern also erst mal durch und ich hatte auch keine Lust, den Kurs auf Biegen und Brechen in den nächsten vier Wochen spontan allein zu machen, also verschob ich die Sache erst mal.
Als Flo dann im Juli 2012 auf Hochtouren unterwegs war, bekam ich folgendes Bild geschickt mit dem Kommentar: „Da will ich mit dir rauf, also müssen wir Eisklettern lernen!“
Also meldeten wir uns schon im Oktober 2012 zum Grundkurs Eisklettern beim DAV Mainz an und reservierten uns zwei paar Eisgeräte beim Alpinsportladen in Mainz. Danach mussten wir also nur noch warten.
Nach einer Vorbesprechung Mitte Januar waren wir soweit instruiert, wussten, was wir an Ausrüstung benötigen und was wir getrost daheim lassen können, so wurden die Rucksäcke gepackt…
Mittwoch, 23.01.2013
Direkt nach der Arbeit ging es los. Rucksäcke, Koffer, Bergschuhe, Steigeisen und Eisgeräte wurden in den Kofferraum geschmissen und gegen halb vier fuhren wir los Richtung Oberstdorf im Allgäu. Deutlich später als die anderen Kursteilnehmer bzw. unsere Trainer erreichten wir unsere Pension und nach einem kurzen Abstecher in ein nahe gelegenes Restaurant zu den anderen ging es auch schon in die Betten, schließlich stand uns ein ereignisreicher Tag bevor…
Donnerstag, 24.01.2013 – Eisklettern bei perfektem Wetter
Nachdem um sieben der Wecker geklingelt hatte ging es ab ins Bad und dann hinunter an die Frühstückstische. Brötchen, Brot, Kaffee, Tee und allerlei Beläge standen schon bereit, damit wir gut gestärkt den Aufstieg beginnen konnten. Rund eineinhalb Stunden bergauf dauerte es, bis wir die Eisfälle am Gaisalpsee erreichten. Am Ende des „normalen“ Feldweges empfehlen sich übrigens definitiv Gamaschen, dann hier standen wir bis über die Knöchel tief im Schnee.
Angekommen am Gaisalpsee-Wasserfall bereiteten wir erst einmal unser Basislager vor. Wir trampelten genug Schnee platt, um die Rucksäcke abzulegen und ohne zu versinken die Steigeisen anziehen zu können. Für mich als alpinen Neuling war dies schon eine Herausforderung. Das Anlegen selbst ist nicht wirklich kompliziert, Schuh aufsetzen, Fersenhebel und Riemen über dem Spann festziehen und gut ist, allerdings muss man beim Laufen wirklich vorsichtig sein, um nicht die eigenen oder die Klamotten der anderen Teilnehmer zu beschädigen oder noch schlimmer, jemanden zu verletzten.
Während wir also das Material vorbereiteten, die Klettergurte anlegten und noch einen heißen Tee tranken, waren unsere Trainer, allen voran Kevin bereits dabei, direkt am Wasserfall alles für die ersten Routen vorzubereiten. Kurz darauf stieg er auch schon in die erste Tour ein, setzte Eisschrauben und zum Schluss eine ansehnliche Toprope-Stelle, damit wir uns alle erst einmal von oben gesichert im Eis austoben konnten.
Außerdem versuchten wir uns im Setzen von Eisschrauben und im Traversieren, alles in Absprunghöhe direkt am Einsteig des Wasserfalls…
Der nächste Schritt war nun, dass die Vorstiegswilligen unten anfingen, jeweils ein bis zwei Eisschrauben im Vorstieg setzten und dann abgelassen wurden. Der nächste Teilnehmer kletterte dann im Nachstieg bis zur Obersten Eisschraube, setzte wiederum selbst ein bis zwei weitere darüber und wurde ebenfalls danach abgelassen.
Ich hatte vorher schon gehört, dass Eisklettern extrem anstrengend sein soll, aber ich hätte nicht gedacht, wie sehr dies tatsächlich zutrifft! Mit den Händen muss man sich ständig an zumindest einem der beiden Eisgeräte festhalten und die Füße stecken mit den Frontzacken der Steigeisen im mehr oder weniger senkrechten Eis, wobei darauf zu achten ist, dass auch das zweite Paar Zacken noch ins Eis greifen. Hier steht man also, im Gegensatz zum normalen Klettern, nicht auf den Zehenspitzen, sondern drückt die Ferse ständig nach unten, um sich nicht selbst mit der Stiefelspitze wieder aus dem Eis zu drücken… sehr ungewohnt
Nachdem diese Lektion von allen Kursteilnehmern mit Bravour gemeistert werden konnte, durften wir uns nun auch im richtigen Vorstieg versuchen. Die Schrauben waren zwar von den vorhergehenden Versuchen noch gesetzt, aber dennoch erfordert der Vorstieg im Eis meiner Meinung nach eine gehörige Portion Kraft und Mut! Auf ging es also ans Eis und das am scharfen Ende des Seils! Laut Berthold eigentlich erst Kursprogramm des zweiten oder dritten Tages, aber es juckte uns in den Fingern, uns zu testen, zu prüfen, wie weit wir kamen und wie es sich anfühlt, ein bis zwei Meter über der letzten Eisschraube zu stehen.
Ich für meinen Teil kann sagen, dass eben dieses Gefühl süchtig zu machen scheint, wenn während ich hier sitze und diesen Artikel schreibe, die Bilder einfüge, denke ich ständig daran, dass ich am liebsten sofort wieder ins Eis fahren würde. Der Gedanke, dass du aus eigener Kraft, ohne gebohrte oder geklebte Haken am blanken Eis hinauf klettern kannst, dass du dabei von niemandem als deinem Seilpartner abhängig bist, sondern dir deinen Weg völlig eigenständig suchst, deine Eisschrauben setzt und weiter steigst, um letztendlich dein Ziel, den Ausstieg zu erreichen, dieser Gedanke, dieses Gefühl ist einfach der Wahnsinn!
Ein Highlight für mich war meine letzte Route des Tages, die ich mit bereits gesetzten Eisschrauben vorstieg, zwei weitere Schrauben setzte und dann die komplette Route wieder abbauen durfte. Sprich, ich kletterte die gesamte Tour wieder ab und musste alle gesetzten Eisschrauben wieder hinaus drehen und einpacken. Sehr cool und spaßig, aber unglaublich anstrengend für Arme, Beine und den Kopf!
Nach mehreren Vorstiegen aller Beteiligten beendeten wir den Kursteil dann für diesen Tag gegen 16:00 Uhr, packten unser Equipment zusammen und machten uns auf den Weg zurück hinab ins Tal. Rund eine Stunde dauert der Abstieg zurück nach Oberstdorf-Reichenbach und nach einem Tag Eisklettern freuen sich die Füße wie verrückt, aus den schweren und steifen Bergstiefeln wieder raus zu kommen. Später machten wir uns wieder auf den Weg in das Restaurant vom Vorabend, wo wir den Tag gemeinsam ausklingen ließen.
Freitag, 25.01.2013 – Es wird kalt und rau
Unser Tag begann wie der vorherige auch, mit aufstehen, fertig machen, frühstücken, Rucksack packen und Abmarsch um 8:45 Uhr. Auch die eineinhalb Stunden Fußmarsch standen uns wieder bevor, aber mit zahlreichen interessanten, anregenden und lustigen Unterhaltungen geht die Zeit mehr oder weniger wie im Flug vorüber und schon standen wir wieder vor unserem Wasserfall und bereiteten Steigeisen, Kletterzeug und Eisgeräte vor.
War uns Petrus zu Beginn noch gnädig und beglückte uns mit blauem Himmel, hatte er gegen Mittag wohl andere Pläne, denn es zogen Wolken auf und kurz darauf begann es auch schon heftig zu schneien. Immerhin war durch die Kälte das Eis wieder etwas dicker geworden, am Vortag lief uns gegen Nachmittag das Wasser entgegen und teils auch in die Ärmel der ansonsten Wasserdichten Jacken
Wir richteten also verschiedene Routen ein, damit jeder Teilnehmer topropten oder vorsteigen konnte und ließen unserem Ehrgeiz freien Lauf.
Im mittlerweile aufziehenden Schneegestöber wurde die Kletterei natürlich nicht einfacher, dennoch hielten die weißen Flocken niemanden von uns ab, den Eisfall wieder und wieder zu erklimmen. Alle Routen wurden ausprobiert, immer wieder neue Eisschrauben gesetzt und wer gerade nicht klettern konnte, versorgte sich im „Basislager“ mit heißem Tee, Müsliriegeln und gefrorenen Broten
Gleich in einer meiner ersten Routen an diesem Tag stürzte ich ganz dumm ab. Ich befand mich im Vorstieg rund eineinhalb bis zwei Meter über der letzten Eisschraube und war gerade dabei, mit der rechten Hand die nächste Schraube zu setzen, als der Halt meines Eisgerätes versagte und ich in die Tiefe stürzte. Der Sturz selbst war durch das ausgegebene Seil und die Seildehnung vermutlich etwas um die fünf Meter tief, aber beim Anprall gegen die harte Wand schlug ich mit der kompletten rechten Körperhälfte gegen das Eis, dabei noch die rechte Hand zwischen Hüftknochen und Eisfall. Außerdem machte sich während des Sturzes mein Eisgerät selbstständig, fiel nach unten und landete ca. einen halben Meter neben meinem Sicherungspartner, der nicht schlecht erschrak, hatte er vor lauter Sturz abfangen das Eisgerät gar nicht gesehen und auch keine Zeit gehabt, auszuweichen. Nachdem mich Leif abgelassen hatte und die Schmerzen in Hüfte, Hand und Fuß immer schlimmer wurden dachte ich schon, dass der Kurs hiermit für mich gelaufen wäre, aber eine Vierstelstunde Pause, ein trockener und warmer Handschuh, sowie zwei Tassen heißen Tees bewirkten Wunder und so konnte ich dann auch wieder weiter klettern, erst zum Testen im Toprope und dann auch wieder im Vorstieg. Glück im Unglück gehabt also…
Hier ist auch das dazugehörige Video:
Der Rest des Tages verlief ähnlich wie der zuvor. Routen abbauen, Sachen zusammenpacken, Abstieg, ausruhen, essen gehen, schlafen. Mein Fuß dankte mir den Sturz übrigens auch, der wurde nämlich im Laufe des Tages noch richtig dick im Stiefel, was ich aber erst feststellte, als ich abends die Socken ausgezogen hatte.
Samstag, 26.01.2013 – Wir geben alles
Für den dritten Tag hatten wir einen Plan: Um den Aufstieg kamen wir nicht herum, jedoch erzählte uns unsere „Pensions-Mutti“ Petra, dass man auf der Gaisalp, an der man beim Abstieg mehr oder weniger vorbei kommt, Schlitten mieten kann, mit denen man dann ins Tal fährt und sie danach an einem Parkplatz am Wegrand abstellt. Diesen Spaß wollten wir uns gönnen, zumal unsere Füße eh durch die Wanderungen und das ewige Antreten am Eis weh genug taten. Aber erst einmal machten wir uns an den Aufstieg und richteten wieder die Routen ein. Heute wurde die Technik im Eis noch etwas vertieft, unsere drei Trainer gaben uns Tipps, wie wir unsere Kräfte sparen können und z. B. besser im Eis stehen. Eben dieses Eis war durch die winterlichen Temperaturen von bis zu -14°C nochmals gewachsen und parallel zum „normalen“ Eisklettern suchte uns unser Kursleiter Berthold noch ein nettes Plätzchen am Boden, um dort noch mal verschiedene Techniken des Standplatzbaus und Tricks wie selbstausdrehende Eisschrauben zu üben. Nach und nach wechselten also immer zwei Kursteilnehmer hinüber zu ihm und holten sich seine Tipps und Tricks ab, während sich die anderen am Wasserfall und seinen Traversen warm machten und in den eingerichteten Routen austobten.
Zwischendurch veranstalteten Flo und ich noch ein kleines Fotoshooting für unsere gemeinsame Geburtstagsparty, für die wir uns eine lustige Email-Einladung überlegt hatten.
Das Wetter am Samstag war perfekt zum Eisklettern, wenn auch schon ziemlich kalt. Es blieb uns also quasi gar nichts anderes übrig, als immer und immer wieder in den Wasserfall einzusteigen, damit wir wieder warm wurden, denn selbst der Tee hilft bei diesen Temperaturen irgendwann nicht mehr wirklich
Man bemerkte, dass die vergangenen Kurstage an den Kräften der Eisnovizen zehrten, denn nach und nach stiegen immer mehr von uns ab. Auch Flo und ich waren doch schon recht geschafft, weshalb wir heute nicht bis zum Schluss blieben, sondern ebenfalls etwas früher abstiegen. Wir verabschiedeten uns für’s Erste von den anderen und machten uns querfeldein auf den Weg zur hinüber Gaisalp. Der Weg war allerdings etwas beschwerlicher als wir erwartet hatten, wenn man sich anschaut, wie hoch teilweise der Schnee war… Aber Spaß hat’s dennoch gemacht, durch den teils knietiefen Schnee zu hüpfen
Auf dem Weg hatten wir außerdem einen atemberaubenden Blick hinunter ins Tal. Allein schon für solche Ausblicke lohnt sich meiner Meinung nach der häufig beschwerliche Aufstieg auf die Berge.
Angekommen auf der Gaisalp bestellten wir uns zwei Cappuchino und zwei Schlitten. Nach ein paar Minuten Ruhe in der warmen Stube stand uns dann der lustigste Teil des Tages bevor. Also rauf auf unsere Schlitten und runter den Rodelweg, zurück nach Reichenbach.
Elf Minuten dauerte unsere Abfahrt und bis auf wenige hundert Meter Ziehweg geht es ständig bergab. Gerade mit den schweren Rucksäcken auf unseren Rücken bekamen wir doch schon ordentlich Geschwindigkeit drauf, was die Sache natürlich nur noch umso lustiger machte. Direkt zu Beginn der Abfahrt kamen uns dann auch noch die letzten Leute aus unserer Gruppe entgegen, die den normalen Weg zur Gaisalp genommen hatten, um sich ebenfalls Schlitten zu mieten.
Nachdem wir und auch alle anderen wieder in der Pension angekommen waren verlief der Abend wie an den vorherigen Tagen auch.
Sonntag, 27.01.2013 – Heimfahrt
Der Sonntag stand eigentlich nur im Zeichen der Heimfahrt. Nach dem Frühstück wurden auch noch die letzten Ausrüstungsteile wieder ihren Besitzern zurückgegeben, die Koffer und Autos gepackt und die Heimreise angetreten. Von Mainz aus dauert die Fahrt übrigens rund 4,5 Stunden, was ich durchaus akzeptabel finde, wenn man dafür ein Wochenende mit Steileis bekommt und da der Gaisalpfall ideal auch für Einsteiger ins Eisklettern ist, werden wir im kommenden Winter mit Sicherheit mal wieder vorbei schauen!
Danke an dieser Stelle auch noch mal an unsere drei Trainer Berthold, Kevin und Alexander, die uns mit Rat und Tat zur Seite standen und ebenfalls an alle anderen Kursteilnehmer, ohne die es sicherlich nicht so viel Spaß gemacht hat, wir waren eine super Truppe
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